Horizontaltherapie ist eine spezielle Form der Elektrotherapie mit mittel-frequentem Wechselstrom, die sehr stark wirksam ist und im Gegensatz zu anderen Stromtherapien den Stoffwechsel in hohem Maße anregt.
Ich bin selbst kein Physiker sondern Therapeut und habe außerdem meinen Lesern das Versprechen gegeben, verständlich zu schreiben. Das ist in diesem Fall leider nicht ganz trivial.
Im Folgenden versuche ich dennoch für Laien leicht verständlich und vor allem kurz gefasst zu erklären, wie diese Therapieform wirkt, man möge mir verzeihen, dass dies natürlich auch zu einer gewissen Vereinfachung der Realität führt:
Der mittel-frequente Wechselstrom, der bei der Horizontaltherapie verwendet wird verursacht mehrere positive Effekte im Körper:
1. Reduktion von Schmerz- und Entzündungsmediatoren
Bei Wechselstrom wird die Polarität der Elektroden (also Plus und Minus) mehrere tausend Mal pro Sekunde gewechselt. Dadurch entsteht ein physikalischer Schütteleffekt.
Schmerz- und Entzündungsmediatoren, die in erkranktem Gewebe konzentriert auftreten werden während der Behandlung regelrecht auseinander geschüttelt und können somit besser und schneller abtransportiert werden.
Schmerzmediatoren sind in aller Regel körpereigene Stoffe, die die sogenannten Nozizeptoren in den Nerven anregen. Nozizeptoren sind spezialisierte Nervenendigungen, die für die Schadensmeldung an das Gehirn verantwortlich sind. Bei Entzündungen oder sonstigen Schädigungen im Gewebe schüttet der Körper also Schmerz- und Entzündungsmediatoren aus, die an den Rezeptoren der Nozizeptoren andocken und diese dazu bringen, dem Gehirn Schmerz zu melden. Der Schütteleffekt zerstreut diese hohe Konzentration Schmerzmediatoren im Gewebe.
Kurz: Der Schmerz lässt nach.
2. Ödemreduzierung
Da das Gehirn nun weniger Schmerz und Entzündung gemeldet bekommt, wird die Entzündungsreaktion herunter gefahren. Es kommt zu einer Ödemreduzierung. Dadurch sinkt auch der Gewebedruck. Der Körper schüttet nun auch weniger Schmerz- und Entzündungsmediatoren aus. Dies ist sozusagen eine positive Kettenreaktion. Cortison wirkt z.B. auf dieselbe Art und Weise. Dadurch wird deutlich, dass Horizontaltherapie nicht bei einem akuten Bakterienbefall angewendet werden darf. Zum einen, weil die Entzündungsreaktion bei einem akuten Bakterienbefall eine adäquate Methode zur Bekämpfung der Ursache darstellt, zum anderen, weil die positiven Stoffwechseleffekte den Stoffwechsel der Bakterien in gleichem Maße verbessert und zu derer ungehemmten Vermehrung beiträgt.
3. Stoffwechselanregung, Wirkung auf die Biochemie im Körper
Der Stoffwechsel wird durch biochemische Prozesse im Körper gesteuert. Um diese biochemischen Prozesse starten zu können, müssen die unterschiedlich geladenen Teilchen (Ionen und Moleküle) im Körper in einer bestimmten Konstellation zueinander stehen, damit sie aneinander andocken können. Biochemische Prozesse werden folglich vom Körper durch Strom gesteuert.
Während der Horizontaltherapie schickt der mittelfrequente Wechselstrom stark vereinfacht ausgedrückt die unterschiedlich geladenen Teilchen des Körpers an die richtige Position, damit sie aneinander andocken und biochemische Reaktionen auslösen können. Es kommt also zu einer Verbesserung oder anders ausgedrückt einer starken Anregung des Stoffwechsels.
Durch diese Stoffwechselanregung verbessert sich die Qualität des Gewebes im Körper deutlich, was z.B. äußerst relevant bei der Bildung von Narbengewebe nach Verletzungen ist. Die Qualität von Sehnen ist nach der Heilung messbar besser, wenn Horizontaltherapie angewandt wurde.
Durch die Verteilung der Schmerz- und Entzündungsmediatoren, die Ödemreduzierung, und die deutliche Verbesserung des Stoffwechsels kommt es zu einer schnellen Schmerzlinderung und einer Beschleunigung des Heilungsprozesses mit einem besseren Heilungsergebnis.Â
Herkömmliche Reizstromtherapiegeräte wie z.B. die bekannte TENS- Therapie arbeiten mit niederfrequentem Gleichstrom und wirken im Gegensatz zur Horizontaltherapie ausschließlich auf Muskel- und Nervenzellen.
Auf den Stoffwechsel haben diese Therapieformen sogar einen negativen Einfluss, da es durch die Polarität zu einer Ladungstrennung im Gewebe kommt: Die positive Elektrode zieht die negative geladenen Teilchen im Gewebe an, die negative Elektrode die Positiven. Dies stört den Stoffwechsel, da sich wie oben erklärt für eine biochemische Reaktion die unterschiedlich geladenen Teilchen auf eine bestimmte Art und Weise begegnen müssen, um aneinander andocken zu können. Durch die Trennung nach Plus und Minus während der Therapiezeit wird dieser Prozess stark gestört.
Wie kam es zu meiner neuesten Investition?
Ausgerechnet Fanny- unser Honigkuchenpferdchen, dem wir im Jahr 2015 mit allerlei Therapien schon so gut aus den Arthroseproblemen haben helfen können wurde mein Auslöser, diese Therapieform doch ins Programm zu nehmen.
Fanny hat sich am 1. Mai 2018 eine Sehnenverletzung zugezogen. Sie hatte lange Stehzeit in der Box, Blutegel, Magnetfeld, Lymphdrainage, Bewegungstherapie- das ganze Programm. Nichts half so richtig. Ein unendliches Auf- und Ab, mit Betonung auf Ab….
Am 3. September 2018 stand Fanny dann nachdem sie wahrscheinlich nachts in der Box randaliert hatte, ganz kurz vor dem Ende. Der Sehnenschaden hatte sich von einem münzgroßen Loch zu einem nahezu 99%igen Abriss der oberflächlichen Beugesehne entwickelt. Ein falscher Schritt und es wäre vorbei gewesen. Die Tierärztin hoffte zunächst noch auf ein böses Hufgeschwür und verordnete einen Rivanolverband, aber der Ultraschall am Tag danach bezeugte das Unaussprechliche…
Die Nerven der Besitzerin lagen blank und selbst die mutige und immer lustige Fanny wirkte einfach nur noch niedergeschlagen. Im Umfeld gab es erste Meinungsäußerungen, dass man sie doch nun endlich erlösen möge und tatsächlich: es war ganz nah dran. Wir saßen in dieser Nacht zusammen und haben gemeinsam geweint und verzweifelt nach einer Lösung gesucht. Die Prognose der behandelnden Tierärzte war in der Folge nicht gut aber dann doch auch nicht aussichtslos.
Da ich schon seit einem Jahr die Horizontaltherapie fest im Auge hatte entschied ich, dass es einen Versuch wert sei. Ich habe also in ein eigenes Gerät investiert. Fanny kam nach einem Klinikaufenthalt in einen besser geeigneten Stall und wurde über zwei Monate fast täglich mit Horizontaltherapie behandelt.
Sie bekam täglich 45 Minuten eine Ganzkörperbehandlung, um den Stoffwechsel im ganzen Pferd anzuregen. Dabei werden zwei Stromkreisläufe angelegt, über vier Carbonelektroden: an jedem Bein eine. Die beiden Stromkreisläufe kreuzen sich in der Mitte- es entsteht dadurch eine sogenannte Interferenz.
Danach wurde nur die verletzte Sehne für weitere 45 Minuten mit einem anderen Programm behandelt. Hier wurde nur mit einem Stromkreislauf gearbeitet. Eine Carbonelektrode direkt über dem Sehnenschaden, sowie eine wiederverwendbare Klebeelektrode auf dem Huf.
Zusätzlich empfahl ich die Gabe von Collagile, einem Futterzusatz, der ebenfalls in hohem Maße die Qualität der Gewebe im Körper fördert.
Während dieser zwei Monate gab es wiederum einige „Auf- und Abs“, da sich bei den winterlichen Temperaturen selbstverständlich auch die Arthrose zurück meldete und man teilweise gar nicht mehr so Recht wusste warum sie eigentlich lahmt.
Darum verordnete ich für die Muskulatur tonisierende Massagen, um die atrophierte Muskulatur der linken Vordergliedmaße anzuregen sowie bestimmte Dehnungen und passive Bewegungsübungen, um die Arthrose in ihre Schranken zurück zu verweisen. Diesen passiven Trainingsplan konnte die Besitzerin dann ganz gut während der langen Therapiezeiten am Gerät durchführen.
Die Betonung lag dann diesmal glücklicher Weise auf den „Aufs“ und weniger auf den „Abs“…. Schon nach kurzem fiel mir auf, dass ihre Fessel sich gehoben hatte und sie auf dem kranken Bein nicht mehr ganz so bärentatzig stand wie zu Beginn. Auf den Fotos sieht man es schon ganz gut, aber noch deutlicher war der Unterschied in live zu sehen. Wir dachten erst, dass wir uns das einbilden, aber die Tierärztin bestätigte unseren Eindruck. als sie Fanny im Dezember spontan mit einem freudigen: „Ooooh- Die Fessel hat sich gehoben!“ begrüßte:
Schon in der zweiten Hälfte der Behandlungszeit ging sie im Schritt lahmfrei. Traben war jedoch immernoch streng verboten und tendenziell sehr gefährlich für Fanny. Wir hatten stets vor Augen, dass ein falscher Schritt das Ende sein könnte. Die Anspannung war immernoch enorm, denn Fanny hat Pfeffer im Hintern, es war unmöglich, falsche Schritte zu verhindern.
Oft dachten wir an diesen heißen Septemberabend zurück, an dem wir so kurz vor dem Aufgeben gestanden waren.
Trotzdem trauten wir uns schon ab und zu ein bisschen Hoffnung zu haben.
Hier ein Video vom 9. Dezember 2018:
Vor kurzem gab es eine erste Ultraschalluntersuchung. Es flossen ein paar Freudentränen, denn es wurde bestätigt, dass die Sehne sich inzwischen sehr gut regeneriert hat. Fanny darf nun wieder über 30 Minuten Schritt laufen und wird sukzessive auftrainiert. Nach der nächsten Untersuchung geht es hoffentlich wieder mit dem Traben los. Wir sind unglaublich glücklich, dass die Therapie so gut angeschlagen hat, nachdem es vorher ein halbes Jahr lang nur Verschlechterungen gegeben hatte.
Und zum Abschlus noch ein ganz aktuelles Video von heute, dem 3. März 2019:
Ende März wird es noch einmal eine Ultraschalluntersuchung geben. Dann entscheidet sich, ob Fanny tagsüber auf den Paddock darf und ob wir endlich mit dem Traben beginnen dürfen. Aber die Chancen stehen gut, denn jetzt im beginnenden Frühjahr ist Fanny spritzig und manchmal nicht zu bremsen. Sie hat schon einige Fehltritte gut überstanden.