In den letzten Wochen ist sogar im Rhein Main Gebiet so etwas ähnliches wie Winter eingekehrt. Es gab Nachtfrost und teilweise rutschige Böden auf Ausläufen, teilweise sogar Schnee. Da rutscht so manch ein Pferd gerne mal ganz blöd mit der Hinterhand weg. Die Bänder und Muskeln, v.a. die Adduktoren müssen dann Schwerstarbeit leisten, um das Gewicht des Pferdes abzufangen. Muskeln reagieren bei einer Überdehnung mit einer Schutzspannung. Sie krampfen sich zusammen.
Auf diese Art und Weise kommt es gerne zu einer Läsion der Hüfte. Das Wort Läsion bezeichnet eine „Schädigung oder Störung einer anatomischen Struktur“, damit ist also nicht zwangsläufig eine Verletzung gemeint.
In den letzten Wochen sind mir gehäuft solche Fälle begegnet. Gerufen wurde ich aber meist aus ganz anderen Gründen und nicht selten herrscht dann Verwunderung darüber, dass ich mich am Heck des Pferdes an die Arbeit mache, wo das Problem doch augenscheinlich bei Vorderpferd liegt. Dies liegt aber an einer sogenannten Läsionskette.
Wenn die Hinterhand keinen Schub erzeugen kann muss die Unterhalsmuskulatur das Vorderbein nach vorne ziehen. Dabei kommt es zu einer Überlastung des Unterhalsmuskels und er verkrampft. Der Unterhalsmuskel hängt mit einem Zipfel auch am Zungenbein. Verkrampft er, wird auch das Zungenbein in eine andere Position gezogen. In Folge davon kommt es zu einem verspannten bis schiefen Kiefer und blockierten Halswirbeln. Gerade der siebte Halswirbel spielt bei dem Spiel sehr gerne mit und wird aufgrund der schiefen Zugverhältnisse im Pferd in leichte Schräglage gebracht. Im Bewegungsablauf sieht es dann häufig tatsächlich so aus, als sei die Schulter schief oder als hätte das Pferd vorne ein Problem.
Bei einer gründlichen Untersuchung ist dann häufig ein Problem in der Hüfte als Ursache festzustellen. Und im Gespräch erfahre ich dann, dass das Pferd neulich mal ganz böse ausgerutscht ist. In vielen Fällen sind solche Läsionen relativ einfach mit osteopathischen Grifftechniken zu beheben.
Mein eigenes Pferd T-Bone ging hinten rechts lahm, teilweise sogar richtig stock lahm. Es war zum Verzweifeln. Eine deutliche Lahmheit ist für mich immer ein klarer Fall für meine Tierärztin. Sie vermutete, dass er streicht, also beim Traben mit dem linken Hinterbein gegen die rechte Fessel trat. Die Lahmheit kam von der Fessel. Immer wenn er sich getreten hatte wurde es schlimm, aber nie für lange. Sie empfahl mir Streichkappen, um zu prüfen, ob die Theorie stimmt. Eine eingehende Lahmheitsuntersuchung könne man immer noch machen, wenn es in einer Woche nicht besser sei.
Und sie lag richtig. T-Bone schnürte tatsächlich dermaßen beim Traben, dass die rechte Streichkappe nach einer halben Stunde longieren deutliche Kratzer zeigte. Es war also an der Zeit, mein eigenes Pferd mal genauer osteopathisch unter die Lupe zu nehmen… Und tatsächlich hatte er eine Läsion der Hüfte, wie sie beim Ausrutschen auf glattem Boden gerne entsteht. Die Hüfte eines Pferdes ist ein schweres Gebilde. Die Hüfte eines Kaltbluts wie T-Bone kann zur Herausforderung werden. Ich habe es dann letztlich aber mit ein paar beherzten gezielten Griffen geschafft, den T-Bone Popo wieder gerade zu rücken. Nach der Behandlung ging er wieder gerade und braucht seither keine Streichkappen mehr.