Von Julia Veil, 3. Mai 2016

Honigkuchenpferd mit Arthrose

Heute möchte ich von einem echten Honigkuchenpferd erzählen.

P1030573
Fanny vor der Behandlung im August 2015: unterbemuskelt und mangels Bewegung zu dick und gebläht.

Im Sommer 2015 wurde mir die 18jährige Haflingerstute Fanny vorgestellt. Sie war schon fast ein Jahr wegen ständiger Lahmheit vorne links nicht mehr unter dem Sattel. Die Diagnose war „eine Verknöcherung am seitlichen Griffelbein die die Sehne reizt was immer wieder Lahmheiten auslöst“. Fanny war als „nicht mehr reitbar“ abgeschrieben.

Die Besitzerin war erst kürzlich nach Frankfurt gezogen und kümmerte sich täglich rührend um ihr Pony. Sie war sehr traurig, dass es Fanny nicht gut ging und auch, dass sie nicht mehr zusammen ausreiten konnten. Dafür unternahm sie lange Spaziergänge mit ihr. Als sie mir davon erzählte, bot ich ihr an, sie mir mal anzusehen.

IMG_5189
Fanny im April 2016: abgespeckt, schöne Oberhalsmuskulatur, schöne Kruppe

Zunächst führte ich eine ausführliche Untersuchung mit Gangbildanalyse auf Video durch. Dabei fiel deutlich auf, dass Fanny sehr durchtrittig ist. Die Lahmheit kam eher vom Fesselgelenk her, das sich auch leicht angelaufen anfühlte. Den Zusammenhang mit den Griffelbeinen konnte ich nicht finden und bat die Besitzerin, Fanny doch noch einmal einem Tierarzt vorzustellen.

Außerdem hatte das Pony durch die lange Schonhaltung Blockaden in der Hinterhand und Muskelverspannungen, die sich im Gangbild fast auffälliger äußerten als die eigentliche Lahmheit vorne links.

Ich wurde gebeten, den Tierarzttermin zu begleiten, um die richtigen Fragen stellen zu können. Die Tierärztin diagnostizierte eine Arthrose im Fesselgelenk. Die arthrotischen Veränderungen im Gelenk scheuerten an der tiefen Beugesehne, die dadurch permanent gereizt wurde, was zu den ständigen Lahmheiten führte. Fanny sollte einen Arthrosebeschlag an den Vorderhufen bekommen, um die Durchtrittigkeit und damit auch die Sehnenreizung auszugleichen. Zusätzlich bekam sie für zehn Tage Metacam gegen den akuten Zustand.

Nach zehn Tagen, die Eisen waren inzwischen vier Tage am Pferd, habe ich ein weiteres Gangbild-Video erstellt. Der Schreck war erstmal groß- Fanny lahmte schlimmer als zwei Wochen zuvor. Die Durchtrittigkeit war zwar deutlich besser durch die ausgleichenden Eisen, sie schien aber nicht gut mit der Situation klar zu kommen. Es hatte in der Zwischenzeit allerdings auch einen Wetterwechsel gegeben, der sich vielleicht negativ ausgewirkt haben könnte.

Ich wurde daraufhin gebeten, einen Therapieplan für Fanny zu erstellen.

Dieser sah wie folgt aus:

Zum Ausgleich der Sekundärerscheinungen, also der Folgen der langen Schonhaltung empfahl ich zusätzlich:

IMG_5418
Leichte Trailübungen sind Balsam für Seele und Körper!

Nach der ersten Blutegelbehandlung etwa eine Woche später erstellten wir ein weiteres Video. Fanny hatte sich in der Zwischenzeit an die Eisen gewöhnt. Sie lief zu unserer großen Freude an der Hand im Schritt und Trab auf hartem Boden lahmfrei. Die Therapie schlug an!

Die Matrix-Rhythmus-Therapie wirkte sehr gut gegen die muskulären Sekundärerscheinungen der lange anhaltenden Lahmheit, sodass sie schon relativ schnell sehr viel runder laufen konnte.

Eine weitere Woche später führten wir eine zweite Blutegelbehandlung durch, die ebenfalls sehr positiv anschlug. Fanny lief lahmfrei. Das Training konnte beginnen. Um wieder ins Training zu finden, gab ich der Besitzerin einen kleinen Trainingsplan mit einigen aktiven und passiven Gymnastikübungen an die Hand, die sie täglich mit Fanny machen sollte, um die stark geschwächte Kernmuskulatur zu stärken. Es begann ein langer aber erfolgreicher Weg für die beiden.

IMG_5486
Endlich wieder eine Aufgabe!

Nach etwa drei Monaten kam dann der große Moment: Fanny ging das erste Mal wieder unter dem Sattel. Ich werde es nie vergessen, denn es war nicht auszumachen, wer von den beiden mehr wie ein Honigkuchenpferd strahlte- Fanny oder ihre liebe Besitzerin, die ihr Pferdchen niemals aufgegeben hat. Man konnte es Fanny richtig ansehen, welch großen Spaß sie an der Bewegung hatte – sie war kaum zu bremsen!

Fanny läuft nun seit fast einem Jahr stabil und geht zwei bis drei Mal pro Woche unter dem Sattel. Es wird aber auch viel vom Boden aus mit ihr gearbeitet. Sie hat sich durch das fleißige Training von einem Pummeleinhorn auf Stelzen zu einer stolzen, schönen Haffidame entwickelt. An schlechteren Tagen, z.B. nach einem Kälteeinbruch läuft sie arthrosebedingt staksig und wird natürlich geschont.

Bei einer erfolgreichen Behandlung müssen immer mehrere Dinge zusammen passen, Bei unserem Honigkuchenpferdchen waren dies: Eine gute Tierärztin, ein guter Schmied, die richtige physiotherapeutische Behandlung, die richtige Haltungsform, der unermüdliche Fleiß sowie Liebe des Besitzers und eine gute Portion Glück. Man wird hinterher nicht mehr genau sagen können, was genau den Erfolg gebracht hat, denn es ist das Zusammenspiel aller Elemente.

Dieses Beispiel soll allen Mut machen, die sich mit der Diagnose Arthrose konfrontiert sehen.