Von Julia Veil, 14. August 2023

Gutes Training versus Osteopathie

In Fachkreisen ist bekannt, dass Bewegungsbeeinträchtigungen und Blockaden beim Pferd  sehr häufig durch fehlerhafte Reiterei bzw. falsches Training verursacht werden.

Auch im Freizeitreiterbereich hat sich längst herumgesprochen, dass gymnastizierende Dressurarbeit für die Gesunderhaltung des Reitpferdes steht. Mit der Nachfrage nach Unterricht steigt allerdings auch die Verunsicherung darüber, was eigentlich gutes Training ausmacht.

Nicht selten höre ich in Trainerkreisen die Aussage: „Wer sein Pferd gut trainiert braucht keinen Osteopathen!“, oder wie der immer wieder gern zitierte Major a.D. Paul Stecken sagte: „richtig reiten reicht“

Mit dieser Theorie befasse ich mich, seit ich begonnen habe als Pferdetherapeutin zu arbeiten.

Ich komme immer wieder zu der klaren Antwort: „JEIN!“

Schon von Anfang an fiel mir auf, dass Pferde, die klassisch barock oder akademisch gearbeitet werden weniger gravierende Blockaden aufweisen. Aber auch sehr gut gearbeitete Pferde benötigen hin und wieder einen guten Osteopathen, der die Muskulatur und Faszien normalisiert und sich alle Gelenke anschaut.

Gutes Training kann den Therapeuten definitiv nicht für immer ersetzen. Aber ein Therapeut kämpft gegen Windmühlen, wenn das Training oder die Ausrüstung des Patienten nicht stimmen. Und das frustriert.

Dabei führt es zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten: Der Pferdebesitzer, der sich so viel Mühe gibt,  alles für sein Pferd richtig zu machen und die Therapeutin, die so gerne helfen möchte, aber nicht kann, weil der Rückfall von Anfang an vorprogrammiert ist.

Nicht zuletzt deswegen habe ich mich in den letzten Jahren verstärkt mit dem Thema Training befasst und erfolgreich die Ausbildung bis hin zum Trainer B klassisch barock absolviert.

Es ist mein Wunsch, meine Kunden auch in Trainingsfragen optimal unterstützen zu können.

Die klassisch barocke Reiterei ist sehr vielseitig. Besonders intensiv habe ich mich dabei neben der Dressurarbeit auch mit der Arbeit an der Hand befasst. Lektionen wie Seitengänge vom Schulterherein bis zur Traversale lassen sich hervorragend an der Hand vorbereiten.

Die gewichtslose Arbeit an der Hand ist übrigens auch extrem nützlich, wenn das Pferd mal lahmheitsbedingt für eine Weile nicht geritten werden darf. Vor drei Jahren durfte ich Operario alias „Opa“, von der Reitschule für klassisch barocke  Reiterei, Anne Wölert,  physiotherapeutisch bei der Rekonvaleszenz von einer schweren Muskelverletzung begleiten.

Schlüssel für den Erfolg der Therapie war auch, dass Opa an der Hand piaffieren kann. Sobald er wieder Schritt gehen durfte, wurde er täglich an der Hand piaffiert und konnte so seine Kondition beibehalten. Hätte er verletzungsbedingt während dieser Phase muskulär vollständig abgemuskelt, wäre es bei einem Pferd in seinem Alter extrem schwer geworden, ihn wieder grundlegend aufzubauen. Ein wunderbares Beispiel dafür, wie gutes Training den Therapieerfolg äußerst positiv beeinflussen kann. Opa ist heute wieder ein gesundes Mitglied der Reitschule und arbeitet alters-entsprechend geschont aber fleißig und freudig als Lehrmeister mit.

Damals wurde mir klar: „Alle Pferde müssen an der Hand piaffieren können!“ Denn eine gute Piaffe an der Hand kann in einigen Fällen (natürlich in Absprache mit dem Tierarzt) auch dann  ausgeführt werden, wenn dem Pferd ausschließlich Schritt gehen erlaubt ist. Und sie trainiert dabei den ganzen Körper.

Aber auch ausschweifende Ausritte, Arbeit im Gelände, Stangenarbeit und kleine Sprünge gehören zu einem abwechslungsreichen Training dazu. Genau wie wir Menschen brauchen auch Pferde Abwechslung. Dabei ist es sehr wichtig, dass jeder langsam an neue Ziele heran geführt wird. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und jeder nach seiner Art. Mein Noriker Ferdl liebt z.B. die Arbeit auf der Geländestrecke. Aber für große Sprünge fehlen ihm Kondition und körperliche Voraussetzungen. Trotzdem kann er in dem Bereich Spaß und Geschicklichkeit entwickeln.

Klassisch barocke Reiterei steht für „L’art pour l’art“ -die Kunst um der Kunst Willen. Es geht um schöne Bilder und darum, das Pferd immer schöner werden zu lassen. Das ist doch das schönste Ziel, das man mit seinem Pferdepartner erreichen kann, oder nicht?

Für mich gehört seit neuestem auch das Reiten im Damensattel zur Reitkunst dazu. Auch wenn wir in diesem Bereich noch zu den Anfängern zählen. Aber wie schon gesagt: Langsam an neue Aufgaben heran gehen, jeder nach seiner Art und es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Es geht darum, sich mit seinem Pferd weiter zu entwickeln und gemeinsam mit dem Pferdepartner Spaß zu haben. Harmonie zu erreichen, Harmonie und feine Kommunikation zwischen zwei Spezies, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ob dies nun auf einem Turnier verwirklicht wird oder auf einer Show, im Gelände oder ganz privat auf dem heimischen Reitplatz spielt dabei überhaupt keine Rolle.

Um diesen Gedanken voran zu bringen, biete ich neben der osteopathischen Begleitung auch Reitunterricht nach klassischen Prinzipien und Unterricht für die klassische Arbeit an der Hand an. Ich helfe von Herzen gerne, diesem Ziel näher zu kommen.

 

Hier gehts zur Geschichte von Opa